Richard (S2) besucht einen Kurs von Frau Niemeyer und war im Rahmen einer Exkursion mit Obdachlosigkeit konfrontiert. Lies hier seine Gedanken dazu, wie den Menschen geholfen werden könnte!
Ein Gastbeitrag von Richard (S2)
Der deutsche Sozialstaat ist einer der stärksten weltweit. Das Sozialbudget betrug im Jahr 2021 etwa 1,16 Billionen Euro. Die Sozialleistungsquote liegt damit bei 32,5%. Sie bezeichnet den Anteil der Sozialleistungen am BIP. Dennoch ist es bis heute nicht gelungen, Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland – einem der reichsten Länder der Erde – zu beenden. Was können wir also persönlich tun, um obdachlosen Menschen im Rahmen unserer persönlichen Kapazitäten zu mehr Würde und stärkerer sozialer Teilhabe zu verhelfen?
Als SchülerInnen sind unsere Möglichkeiten zwar begrenzt, aber dennoch können auch wir helfen. Einige würden gerne ab und zu ein paar Euro spenden, sind aber abgeschreckt von der Vermutung, dass dieses Geld womöglich für Alkohol oder andere Drogen ausgegeben wird. Dann doch lieber eine Lebensmittelspende? Nicht unbedingt. Zum einen folgt diese Sorge aus einem Bild von obdachlosen Menschen, welches ihren Drogen- und insbesondere Alkoholkonsum als obsessiv stigmatisiert und zum anderen lässt sich von außen schwer beurteilen, welche Bedürfnisse ein Mensch hat. Vielleicht bringt dem Obdachlosen das fünfte Brötchen am selben Tag nicht viel, wenn er seit Tagen keine warme Mahlzeit mehr hatte.
Dieses scheinbare Dilemma lässt sich allerdings überraschend leicht lösen. Durch persönliche Nachfrage erlangt man nicht nur Informationen, wie man dem einzelnen Menschen auf geeignete Weise helfen kann. Man bietet auch Ablenkung von der Einsamkeit, unter der Wohnungslose häufig leiden und reduziert dabei – wenn auch nur für kurze Zeit – das Gefühl, nicht der Gesellschaft anzugehören, welches viele Wohnungslose ebenfalls plagt. Nebenbei kann eine solche Unterhaltung auch für einen selbst wertvoll sein. Man erhält einen Einblick in eine meist völlig unbekannte Lebensrealität, wodurch man nicht nur seine eigene mehr wertzuschätzen lernt, sondern auch neue Perspektiven erhält. Man muss aber darauf vorbereitet sein, dass es schwierig sein kann, mit der Antwort auf die Frage, wie man selbst helfen kann, umzugehen. Dabei ist besonders wichtig, dass man sich seinem Gesprächspartner gegenüber stets respektvoll verhält, also auch das Gespräch freundlich beendet, wenn der Gesprächspartner darum bittet oder man sich selbst unwohl fühlt.
Daneben können Hinweise auf vorhandene Hilfseinrichtungen in der Umgebung den Betroffenen weitere Möglichkeiten aufzeigen. Diese Einrichtungen können außerdem ein weiterer Weg sein, Sachspenden an Bedürftige zu verteilen.
Eines der Konzepte dafür sind die sogenannten „Tauschboxen“. Diese sind in mehreren deutschen Städten zu finden, so auch fünf Stück in Hamburg, eine davon an der Kreuzung Chemnitzstraße und Virchowstraße. Dort steht eine kleine, improvisierte Hütte. Wer Gegenstände hat, die er nicht braucht, die aber brauchbar sind (etwa Kleidung in der falschen Größe oder Isomatten), kann sie dort ablegen. Sie können dann von jedem einfach mitgenommen werden. Diese Hütte dient inzwischen auch als Schwarzes Brett für eine Bandbreite an Angeboten und Anliegen.
Weitere Möglichkeiten, sich zu beteiligen, findet man bei sozialen Netzwerken und gemeinnützigen Organisationen wie Kirchen, Diakonien und anderen Trägern. Die Christuskirche Othmarschen startet regelmäßig Spendenaufrufe für verschiedene Zwecke. Auf der Seite nebenan.de finden sich ebenfalls häufig solche Spendenaufrufe.
Klar ist, dass es weiterhin groß angelegte Projekte aus der Politik und auch solche von allgemeinnützigen Organisationen braucht. Es gibt aber immer irgendwo im eigenen Umfeld die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Auch wir als SchülerInnen müssen nicht immer viel Zeit oder Geld investieren, um etwas Positives zu bewirken. Das zeigen nicht nur die genannten, sondern auch zahllose weitere Projekte und Initiativen.
Die wichtigsten drei Dinge, auf die man im persönlichen Kontakt mit obdachlosen Menschen achten sollte, sind: Keine falsche Scheu zeigen, auch auf die eigenen Bedürfnisse Rücksicht nehmen und den Betroffenen stets mit Respekt begegnen.
Foto: Ralf Steinberger, „Home, sweet home“; Link zum Bild auf flickr.com; lizensiert unter CC BY 2.0 (Credit the creator).
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