Sieht so die Angst der FDP (Fabrice Henrici) vor der Links-Partei (hier vertreten durch Cansu Özdemir) aus?

Es ist bald wieder so weit – am Sonntag, den 26. September, finden Bundestagswahlen statt. Die spannende Frage lautet: Wer wird Angela Merkels Amt als Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler übernehmen? In einem turbulenten Wahlkampf, dessen Fokus doch eher auf den Skandalen der Spitzenkandidat:innen liegt, sodass die eigentlichen Inhalte der Parteien etwas zu kurz kommen, wollen wir euch die Programme der sechs Bundestagsparteien vorstellen – gegliedert nach vier Themen, die uns als Schüler:innen besonders interessieren: Klimaschutz, Migrationspolitik, Bildung und Familie. Was wollen die Parteien in diesen Bereichen bewirken und wie sollen die Maßnahmen umgesetzt werden?
Die Fotos zeigen die Altonaer Spitzenkandidaten bei der Podiumsdiskussion am 9. September 2021 in unserer P-Aula.

Texte: Liv Portner, Celia Blaase, Laura Bachmann und Luisa Pacchione
Fotos: Hans Stützer


Klimaschutz

Von Luisa Pacchione

Es ist eines der wichtigsten Themen dieser Bundestagswahl. Fridays for Future demonstriert schon seit drei Jahren für einen besseren Klimaschutz. Und nach der Hochwasserkatastrophe in diesem Sommer scheinen auch die letzten Politiker:innen sich der Bedeutung dieses Themas bewusst zu sein. Ob sie es aber wirklich sind oder nur so tun, um Stimmen der Wähler:innen zu bekommen, ist eine andere Frage.

Schauen wir uns die Versprechen der sechs Parteien im Bundestag nun genauer an.

Hier ein kleiner Faktencheck

Die Bundesregierung hat bereits im Mai dieses Jahres ein neues Klimaschutzgesetz beschlossen, nachdem das vorherige Gesetz nach einem Urteil des Verfassungsgerichts die Freiheitsgrundrechte der jüngeren Generationen in der Zukunft nicht gewährleisten könne. In diesem steht unter anderem, dass Deutschland fünf Jahre vor dem ursprünglichen Datum 2050 klimaneutral werden muss.

SPD

Für die Sozialdemokraten soll Strom bis spätestens 2040 vollständig aus erneuerbaren Energien kommen. Dementsprechend liegt der Fokus auf deren Ausbau. Folglich soll auf alle geeigneten Dächer eine Solaranlage gebaut werden. Ihr Ziel ist es, Klimaschutz mit der Ankurbelung der Wirtschaft zu verbinden, und darauf zu achten dass er sozial verträglich bleibt. Die Sozialdemokraten halten ein Tempolimit von 130 km/h für sinnvoll. Die CO2-Bepreisung soll Menschen mit einem niedrigeren Einkommen nicht belasten, indem sozial gerechte Ausgleichsmaßnahmen eingeführt werden. Um die Bevölkerung anzuregen, Elektroautos zu fahren, sollen viele neue Ladesäulen aufgebaut werden. Durch den Ausbau des Schienenverkehrs möchte man die Nutzung von Inlandsflügen reduzieren, aber nicht verbieten.

Viele Klimaaktivist:innen und Expert:innen meinen, dass Klimaneutralität bis 2045 viel zu spät sei. Wie auch die Union leidet die SPD an einem Authentizitätsproblem, da sie schon seit acht Jahren regiert und der Klimaschutz in dieser Zeit vernachlässigt wurde.

CDU

Die Union möchte den Emissionshandel stärken und europaweit ausbauen. Einnahmen sollen durch eine Senkung des Strompreises an die Bürger:innen zurückgegeben werden. Die CDU macht deutlich, dass es bei ihr keinen Klimaschutz geben wird, unter dem die Wirtschaft leiden könnte. Steuerliche Anreize sollen die Bürger:innen dazu motivieren, in klimafreundliche Bereiche zu investieren, z. B. in Klimatechnologien oder in klimafreundliches Bauen. Der steigende Energiebedarf soll durch den Ausbau der erneuerbaren Energie gedeckt werden. Im Wahlprogramm lehnen sie Verbote wie das Diesel-Fahrverbot sowie ein generelles Tempolimit auf der Autobahn ab.

An dem Programm hagelt es Kritik. Luisa Neubauer spottete: „Dieses Parteiprogramm ist eine 139-Seiten-lange Weigerung, uns vor der Klimakrise zu schützen und das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten“.

Bündnis 90/Die Grünen

Mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm wollen die Grünen den Ausbau von erneuerbaren Energien wirksamer und effizienter fördern. Für sie gehört auch ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab den Jahr 2030 sowie ein Tempolimit auf Autobahnen dazu.

Außerdem soll der CO2-Preis 2023 um 35 Euro pro Tonne erhöht werden und somit bei 60 Euro liegen. Die Einnahmen wollen die Grünen dann als „Energiegeld” pro Kopf an die Menschen zurückzahlen. Unabhängig vom Einkommen soll jede oder jeder 75 Euro bekommen.

Die Grünen wollen, dass bis 2030 70% weniger CO2-Emissionen anfallen, dies sind aber nur 5% mehr als in dem bereits beschlossenen Klimaschutzgesetz der Bundesregierung festgelegt worden ist.

Carla Reemtsma (Fridays for Future) sieht folgendes Problem: „Dass selbst die größte grüne Partei der Welt keinen Plan hat, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, ist verheerend”. Als einzige Partei wollen die Grünen aber ein Klimaministerium einführen, das Gesetzespläne blockieren kann, wenn diese nicht mit dem Pariser Klimaabkommen übereinstimmen.

FDP

Beim Klimaschutz setzt die FDP auf die Kraft des freien Marktes. Sie ist gegen ein Tempolimit und gegen ein Verbot des Verbrennungsmotors. Ein geringerer CO2-Ausstoß soll durch den EU-Emissionshandel erreicht werden. Die Politik würde dann entscheiden, wie viel CO2 ein Land im Jahr ausstoßen darf. Wer CO2 ausstoßen möchte, muss Zertifikate kaufen. Wenn das Limit erreicht ist, sind die Zertifikate auch alle verkauft. Wer viel ausstößt, zahlt viel Geld und wer CO2 spart, kann die Zertifikate wieder verkaufen. Die Zertifikate werden jedes Jahr teurer und Firmen sind dann verpflichtet, mehr in klimafreundliche Technologien zu investieren.

Damit sich dann nicht nur reiche Menschen das Autofahren leisten können, soll ein Teil des verdienten Geldes als „Klimadividende” an die Bürger:innen zurückgegeben werden.

Beim Klimaschutz bestätigt sich das Klischee der FDP: „Der Markt regelt alles” oder zumindest sehr Vieles. Viele Kritiker:innen sind der Meinung, dass der Emissionshandel viel zu lange Zeit bräuchte, bis er effektiv zum Klimaschutz beitragen könnte.

Die Linke

Die Linke wirbt mit dem größten Tempo beim Klimaschutz. Fünf Jahre vor den Grünen wollen sie klimaneutral sein. Sozialgerechten Klimaschutz zu gewährleisten, ist ihnen dabei besonders wichtig. Z. B. soll der Strompreis bezahlbar bleiben und der ÖPNV soll für alle gratis sein. Ab 2030 sollen Verbrennungsmotoren nicht mehr zugelassen werden. Der Ausbau von Autobahnen soll gestoppt werden und Kurzstreckenflüge unter 500 Kilometern verboten werden. Eine CO2-Preiserhöhung soll es aber nicht geben, da dies einkommensschwache Personen zu sehr belasten würde.

Im Gegensatz zur FDP finden sie, dass der Markt nicht viele Klimaprobleme lösen kann. Anstatt eines Emissionshandels wollen sie Konzernen klare Vorgaben machen.

Die Linke hat einen sehr hohen Anspruch und legt einen konsequenten und sozial gerechten Klimaschutzplan vor.

Nur mit klaren Vorgaben des Staates kann das Klima geschützt werden, glauben sie. Die Linke ist der Meinung „Der Klimawandel wird nicht von den Menschen gemacht, sondern von den Reichen”, weshalb sie auch höhere Vermögenssteuern fordern. Dieses Geld soll dann fürs Klima eingesetzt werden.

AfD

Die AfD zweifelt den menschengemachten Klimawandel an und findet, dass sich die Bevölkerung an die Klimaveränderungen anpassen sollte. Man sollte nicht versuchen, die Klimakrise zu bekämpfen. Sie lehnen das Ziel der Klimaneutralität ab, denn sie fürchten, dass durch den damit verbundenen Umbau der Wirtschaft eine Einschränkung der Freiheit einhergehe. Folglich soll das Pariser Klimaabkommen gekündigt werden und der Klimaschutzplan der Bundesregierung aufgegeben werden. Die CO2-Steuer soll abgeschafft werden, der Ausbau von erneuerbaren Energien limitiert werden und bei der Energiegewinnung soll weiterhin auf Kohlekraft und Erdgas gesetzt werden. Die Atomkraftwerke sollen noch so lange in Betrieb bleiben, wie es technisch und ökonomisch sinnvoll ist. Sie sind gegen innerstädtische Diesel-Fahrverbote, ein Tempolimit lehnen sie auch ab.

Hierzu muss nicht viel gesagt werden: Wer immer noch alle Berichte und Prognosen von Klimawissenschaftler:innen anzweifelt, hat mit dieser die richtige Partei gefunden.


Migration

Von Celia Blaase

Zuwanderung ist ein Thema, das die Menschen schon lange beschäftigt. Spätestens seit 2015 ist es in allen Köpfen präsent. Krieg, Dürre, politische Verfolgung und wirtschaftliche Not sind häufige Fluchtgründe, die Menschen auf eine lange und unfreiwillige Reise schicken – in eine hoffentlich bessere Zukunft. Viele der Flüchtenden haben Deutschland als Ziel. Doch wie wollen die großen Parteien mit diesen Menschen umgehen?

Marcus Weinberg – Spitzenkandidat der CDU – ist ganz digital unterwegs: Ob sich das wohl auch in seiner Politik widerspiegelt?

SPD

Mit legalen Migrationswegen versucht die SPD einen besseren Weg in die EU zu ermöglichen. Auch soll die Ursachenbekämpfung gestärkt werden. So will die SPD das EU-Asylrecht erneuern und Flüchtenden eine humane Integration ermöglichen. Neue Migrant:innen sollen ein Recht auf Immigrations- und Sprachkurse haben. Kinder sollen die Möglichkeit bekommen, eine Kita oder Schule zu besuchen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Mehreren Staaten anzugehören, soll ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht ermöglichen. Die Sozialdemokraten wollen den Familiennachzug erleichtern und Zwangs-Abschiebungen in gefährliche Länder verbieten. Darüber hinaus will die SPD auf eine solidarische Asylpolitik in der EU drängen.

CDU

Die CDU sieht eine geordnete Zuwanderung vor. Dabei sollen die Zahlen der Zuwanderer:innen gesenkt werden. Durch ein neues Konzept der „kleinen“ sichereren Herkunftsländer will die CDU Abschiebungen erleichtern. Die Partei möchte das europäische Asylsystem reformieren und da eingreifen, wo sie die Ursachen für Zuwanderung sieht. Dabei hoffen sie, Kosten und Lasten fair auf die ganze EU verteilen zu können.
Auch setzt die CDU auf die eigenständige Bereitschaft der Geflüchteten, sich selbst zu integrieren. Besonderen Wert legt sie auf den Spracherwerb. Die Erweiterung des Familiennachzugs lehnt die CDU ab.

Im Allgemeinen bekennt sich die CDU zum Asylrecht und zur Genfer Flüchtlingskonvention und sieht die Verpflichtung Deutschlands, human zu handeln.

Bündnis 90/Die Grünen

Lager und Transitzonen lehnen Bündnis 90/Die Grünen ab. Eine spezielle Agentur, die von der EU geführt wird, soll Aufnahme- und Mitgliedstaat auswählen, indem das Asylverfahren ausgeübt wird. Flucht sieht die Partei als gemeinschaftliches EU-Problem. Daher soll es gemeinsam gesicherte und sicher übertretbare Grenzen geben. Fluchtabwehr soll vermieden werden, daher wird auch Frontex unter parlamentarische Aufsicht gestellt. Familien- und Geschwisternachzug wollen die Grünen barrierefrei machen. Jeder, der neu ins Land kommt, soll Zugang zu Sprach- und Integrationskursen erhalten. Kinder sollen Kitas und Schulen besuchen dürfen. Wer fünf Jahre in Deutschland lebt, soll die Chance haben, eingebürgert zu werden. Babys, deren Eltern rechtmäßig in Deutschland leben, erhalten die deutsche Staatsbürgerschaft.

FDP

Für die FDP ist das Grundgesetz unantastbar, so auch das Grundrecht auf Asyl. Zwischen politisch Verfolgten, Zuwanderern und Kriegsflüchtlingen will die FDP unterscheiden. So sollen (Bürger-)Kriegsflüchtlingen schnell und unbürokratisch geschützt werden. Dabei soll Immigration ein EU-weites Thema sein und alle Schutzsuchenden werden auf alle EU-Länder gleichmäßig verteilt. Um illegale Migration zu verhindern, möchte die FDP das umstrittene Frontex-Programm unterstützen. Für eingewanderte Fachkräfte schafft die FDP eine „Blue-Card“, da Deutschland ein Einwanderungsland ist und bleibt. Schutzsuchende sollen erleichtert Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten.

Im Bereich Integration sollen Sprach- und Integrationskurse angeboten werden. Diese sind kostenlos und sollen breitflächig verteilt werden. Mehrstaatlichkeit toleriert die FDP. Nach vier Jahren wird der Zugang zur Staatsangehörigkeit vereinfacht. Abgelehnte Asylanten werden konsequent abgeschoben.

Die Linke

Die Linke kündigt Einwanderung als großes, EU-weites und soziales Projekt an. Für Armuts-, Klima- und Umweltflüchtlinge sollen dieselben verbindlichen Flüchtlingsrechte gelten wie für Kriegsflüchtende. Frontex und der Flüchtlingsdeal mit der Türkei sollen aufgelöst werden. Familiennachzug soll uneingeschränkt ablaufen.

Mit einem Bundesministerium für Migration und Partizipation strebt die Linkspartei eine solidarische Einwanderungsgesellschaft an. Bildung, Gesundheitsversorgung, Schutz vor Ausbeutung sowie Legalisierungsmöglichkeiten sollen Menschen ohne Aufenthaltsstatus gestellt werden. Kostenlose Sprachkurse sollen Geflüchteten geboten werden, auch fordert die Linke eine Anerkennung für ausländische Qualifikationen. Anstatt in Sammelunterkünften, sollen Geflüchtete in Wohnungen unterkommen, zudem sollen sie Geld erhalten, keine Sachleistungen.

Jeder, der in Deutschland geboren wird, bekommt automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine Mehrstaatenangehörigkeit soll möglich sein. Ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung soll für jeden gelten, der länger als fünf Jahre in Deutschland lebt.

AfD

Mit der „Abschiebeoffensive“ möchte die AfD eine schnelle Abschiebung garantieren. Geflüchtete sollen direkt an der Grenze abgewiesen werden können. Jedem der straffällig wird, droht die Abschiebung. Nur noch besonders Schutzbedürftigen will die AfD Asyl gewähren. Von denen verringert sich die Zahl aber auch, da die AfD die Liste der sicheren Herkunftsländer erweitern möchte. Familiennachzug soll es keinen geben. Arbeitserlaubnis wird nur an anerkannte Asylbewerber vergeben.

Bei der Einwanderung in Deutschland sieht die AfD die Zuwanderer in der Pflicht, die Sprache zu erlernen. Auch will sie ein generelles Kopftuchverbot verhängen. Was das Staatsangehörigkeitsrecht angeht, möchte die AfD zurück zum Abstammungsprinzip: Wer in Deutschland geboren wird, soll nicht automatisch eine deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Zusammengefasst versucht die AfD Asyl und Migration zu verringern und dies auf nationaler Ebene regeln.

Der ehemalige Schulleiter Dietmar Wagner (AfD) positioniert sich deutlich am rechten Rand.


Bildung

Von Laura Bachmann

Bildung – ein wichtigeres Thema kann es für uns Schüler:innen kaum geben. Unser Alltag kann sich entsprechend der Machtverschiebung in der kommenden Bundestagswahl deutlich verändern. Die Parteien haben ganz unterschiedliche Vorstellungen von guter Bildung. Auch spielt viel Neues in diesen Themenbereich mit hinein, etwa die Digitalisierung, die durch die Coronapandemie eine größere Bedeutung erlangt hat.

SPD

Die SPD will Bildungsgerechtigkeit erreichen. Sie entwickelte darum das Konzept der Kindergrundsicherung. Dies bedeutet einerseits, dass ein neues Kindergeld ausgezahlt wird, andererseits, dass eine Infrastruktur für mehr Teilhabe etabliert wird (z. B. kostenloser ÖPNV). Außerdem werden das Mitspracherecht der Jugend und die Digitalisierung in den Fokus gerückt. Das Wahlalter soll auf 16 gesenkt, Jugendparlamente und Jugendringe finanziert werden. Es soll in eine länderübergreifende Open-Source-Plattform investiert werden; für Schüler:innen soll es einen Rechtsanspruch auf ein digitales Endgerät geben.

Die Schüler:innenzeitung meint: Die SPD hat sich viel vorgenommen und wirkt motiviert genug, um all das in den nächsten vier Jahren anzupacken. Die SPD ist die einzige der ausgewählten Parteien, die sich so stark für die Mitbestimmung der Jugend einsetzt.

CDU

„Aufstieg durch Bildung“ lautet die Überschrift des entsprechenden Artikels des Wahlprogramms der CDU. Um gleiche Bildungschancen zu gewährleisten, sollen Schulen in „sozial schwierigen Lagen“ besonders gefördert werden. Gerade die coronabedingten (psychischen und lernfortschrittlichen) Folgen sollen durch Unterstützungsprogramme ausgeglichen werden. Digitale Kompetenzen an Schulen sind Voraussetzung für eine geplante digitale „bundesweite und europäisch anschlussfähige“ Bildungsplattform, die sich an alle Lernwilligen richtet. Zudem will man akademische und berufliche Bildung als gleichwertig einstufen. Das BAföG soll auch für ältere Menschen verfügbar werden.

Die Schüler:innenzeitung meint: Häufig unkonkret bezüglich der genauen Maßnahmen beschreibt die CDU eine Art Best-of der anderen Parteiprogramme und vielfach Ideen, deren Umsetzung schon nach der letzten Wahl möglich gewesen wären. Wirklich ambitioniert klingt das nicht.

Bündnis 90/Die Grünen

Auch die Grünen wollen Nachteile von Nichtakademikerkindern ausgleichen. Dafür wollen sie beispielsweise Programme für Schulen in benachteiligten Regionen starten und einen Rechtsanspruch für Grundschulkinder auf Ganztagsbetreuung und -bildung einrichten. An den entsprechenden Ausbaukosten soll sich der Bund beteiligen. Außerdem sollen Laptop und Tablet selbstverständliche Lernmittel werden und sichere Videokonferenzsysteme gefördert werden; kurz: Der Digitalpakt soll weiterentwickelt und vorangetrieben werden.

Perspektivisch soll es eine Ausbildungsgarantie sowie eine Mindestausbildungsvergütung geben. Berufliche und akademische Bildung sollten gleich viel wert sein

BAföG soll perspektivisch elternunabhängig gezahlt und von einem Weiterbildungs-BAföG ergänzt werden.

Die Schüler:innenzeitung meint: Teilweise etwas unkonkret, trotz vieler guter Ideen. Eine Ausbildungsgarantie ist ein guter Ansatz, um Ausbildungen attraktiver zu machen.

Der SPD-Direktkandidat für Altona, Dr. Matthias Bartke, musste ab und zu die Füße hochlegen.

FDP

Die FDP beabsichtigt zusätzlich 1% des Mehrwertsteuereinkommens in Bildung zu investieren – etwa 2,5 Milliarden Euro. Dies soll in eine Modernisierung des Bildungssystems fließen. Wichtig sind der FDP im Bildungsbereich eine Reform des Bildungsföderalismus per Grundgesetzänderung (damit z. B. vereinheitlichte Abschlussprüfungen möglich sind), mehr Autorität der Schulen für individuelleren Unterricht, Attraktivmachen des Berufs des/r „Lehrers:in“ (z. B. durch höhere Bezahlung) und mehr Inklusion.

Die FDP fordert einen „Digitalpakt 2.0“, der bessere Technik sowie Schulungen enthält. Damit soll das Angebot von digitalem Unterricht zu Hause dem Präsenzunterricht gleichgestellt werden. BAföG soll elternunabhängig ergänzt werden.

Die Schüler:innenzeitung meint: Diese wichtigen Impulse könnten Weichen stellen. Auffällig: Die FDP ist die einzige Partei, die den ersten Digitalpakt als gescheitert ansieht. Wir finden: Mit besserer Verwaltung ist der erste noch zu retten.

 

Die Linke

Die Linke findet, dass Bildung soziale Ungerechtigkeit entschärfen, statt verstärken soll. Sie will also durch Kostenübernahme der wichtigsten Bedürfnisse von Schüler:innen Bildungsgerechtigkeit ermöglichen (kostenlose Schulverpflegung und kostenloses HVV-Ticket) und fordert mehr Inklusion und individuelle Förderung. Der Bildungsföderalismus soll abgeschafft, Schulen saniert werden. Die Digitalisierung will man weiterbringen. Auszubildende sollen mehr Rechte bekommen und automatisch nach Ausbildungsende übernommen werden müssen. Das BAföG soll rückzahlungsfrei, elternunabhängig und bedarfsgerecht werden.

Die Schüler:innenzeitung meint: Der Fokus liegt vor allem auf der Ausbildung: Hier will die Linke Vieles reformieren, auch um die Vielfalt der Berufe zu stärken. Die für uns unmittelbar entscheidende Digitalisierung scheint allerdings weniger ihr Herzensthema zu sein. Den Bildungsföderalismus abzuschaffen ist unrealistisch, das wurde in der Vergangenheit bereits oft versucht.

 

AfD

Aus dem Zuwachs von Abiturient:innen schließt die AfD eine „Absenkung des Niveaus“, wodurch die Schulabgänger:innen zunehmend inkompetenter würden. Inklusion soll abgeschafft werden. Digitalisierung soll fast nur in dem Fach Informatik ab der fünften Klasse stattfinden. Die AfD setzt sich für die Vermittlung „deutschen Kulturguts“ als Teil der „deutschen Identität“ im Unterricht ein, um „Heimatliebe und Tradition“ zu vermitteln. Unterbunden werden soll stattdessen der Islamunterricht. Auch sollen Muslim:innen keine „Sonderrechte“ an Schulen (etwa im Schwimmunterricht) erhalten, um die Bildung von „Parallelgesellschaften“ zu unterbinden. Magisterabschlüsse und Diplome sollen wieder eingeführt werden.

Die Schüler:innenzeitung meint: Aus den Aussagen der AfD sprechen tiefer Rassismus und Diskriminierung und eine sehr nationalistische Sichtweise. Wer Inklusion abschaffen will, ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen.


Familie

Von Liv Portner

Familienpolitik ist für alle Parteien ein Kernthema im Wahlprogramm. Und in diesem Zweig der Politik hat sich in den letzten Jahren viel getan: So werden beispielsweise Themen wie Mehrelternschaften, Regenbogenfamilien oder ungleiche Bezahlung der Elternteile kontrovers im Bundestag diskutiert.

Das Bild von Linda Heitmann ist verschwommen: Die Vertreterin der Grünen hatte noch einen wichtigen Termin

SPD

Für die SPD bedeutet Familie nicht nur das klassische Ehe-Modell. Die Vielfältigkeit soll aktiv im Wahlprogramm gefördert werden. Für die Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden ist ein Vier-Säulen-Modell für mehr Familienzeit geplant. Dieses beinhaltet die bezahlte Elternschaft bis zu zwei Wochen nach der Geburt sowie das ElterngeldPlus, das zu einer geförderten Elternzeit ausgebaut werden soll. Außerdem fordern die Sozialdemokat:innen die pandemiebedingte Verdopplung der Kinderkrankentage beizubehalten.

Die neue Kindergrundsicherung soll eingeführt werden und das Kindergeld nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt werden.

CDU

Die CDU bezeichnet Familien als Fundament der Gesellschaft und darum ihre Familienpolitik als „Herzensanliegen“ der Partei. Immer wieder wirbt sie mit Deutschland als Familien-Land. Im Wahlprogramm stehen einige konkrete Maßnahmen, wie die Union den Arbeitsmarkt familiengerechter machen will. Beispielsweise soll das Elterngeld weiter gestärkt werden und die Partnermonate von 14 auf 16 Monate verlängert werden. Generell soll staatliche finanzielle Unterstützung automatischer, digitaler und gebündelter abrufbar sein.

Die Christdemokrat:innen setzen auf „Respekt statt Bevormundung“: Die Familiengestaltung soll allen Familien selbst überlassen bleiben. Trotzdem fehlen im Wahlprogramm konkrete Maßnahmen gegen homo- und transphobe Hasskriminalität, obwohl die CDU in diesem Wahlkampf voll auf das Thema Innere Sicherheit setzt.

Bündnis 90/Die Grünen

Die vielfältigen Familienformen sollen durch ein modernes Familienrecht abgebildet werden und Kinderrechte sollen im Grundgesetz gestärkt werden. Die Grünen unterstützen soziale Elternschaft und Mehrelternschaft und wollen zur Stärkung dieser Lebensformen das „kleine Sorgerecht“ weiterentwickeln, also die Bevollmächtigung für nicht leibliche Eltern, Entscheidungen für das Kind zu treffen. Eine weitere konkrete Maßnahme ist das Zusammenfassen verschiedener Unterstützungsgelder, wie Kindergeld, Kinderfreibeträge und Kinderzuschlag in eine Kindergrundsicherung. Jedes Kind soll einen Garantie-Betrag erhalten, wobei Kinder von Eltern mit niedrigem Einkommen einen GarantiePlus-Betrag erhalten würden.

Auch soll für den zweiten Elternteil nach der Geburt eines Kindes neben dem Mutterschutz zusätzlich eine 14-tägige Freistellung ermöglicht werden. Die Grünen wollen den Anspruch auf Kinderkrankengeld auf 15 Tage im Jahr pro Kind und Elternteil erhöhen – bei Alleinerziehenden auf 30 Tage.

FDP

Familie ist für die FDP überall dort, wo Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen. Neben der Ehe will die Partei auch Verantwortungsgemeinschaften gesetzlich verankern, als neue Form gegenseitiger Absicherung. Mehrelternschaften will sie rechtlich anerkennen und das Adoptionsrecht ausweiten. Außerdem soll zukünftig ein digitales Kinderchancengeld ausgezahlt werden und der Freibetrag für Kinder und Auszubildende soll erhöht werden. Für Alleinerziehende soll der Betrag zusätzlich erhöht werden. Weitere Schritte zur Entlastung für Familien sind die steuerliche Förderung von Betriebskindergärten und die Verlängerung der aktuell zwei Partnermonate auf drei Partnermonate.

In Hinblick auf den Umgang mit LGBTQ+ setzt die FDP auf den Grundsatz der Selbstbestimmung. Auch das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche will die Partei gänzlich abschaffen. Laut einem Wahlprüfstein des Lesben- und Schwulenverbands (LSDV) schneidet die Partei als drittbeste hinter den Grünen und Linken ab.

Die Linke

Die Linke fordert die rechtliche Gleichstellung aller Lebensformen (unabhängig von Herkunft, sexueller und geschlechtlicher Orientierung). Dafür soll das Wahlverwandtschaftsrecht eingeführt werden und das Abstimmungsrecht reformiert werden. Das heißt, dass nicht nur Ehepaare geschützt und gefördert werden, sondern generell Menschen, die mit Kindern leben.

Die Linke will einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für alle Menschen. Schwangerschaftsabbrüche sollen grundsätzlich legalisiert werden. Der Elterngeldanspruch soll auf 12 Monate pro Elternteil erhöht werden (das wäre fast doppelt so lang wie heute). Darüber hinaus soll ein Kündigungsschutz für Eltern von Kindern bis zum 6. Lebensjahr eingeführt werden. Außerdem sollen die Kinderkrankentage grundsätzlich erhöht werden.

AfD

Die AfD setzt auf das traditionelle Familienbild von Vater, Mutter, Kind. Im Wahlprogramm bezeichnet die AfD die aktuelle Situation als „demografische Katastrophe“ und befürchtet einen Zusammenbruch des sozialen Sicherheitssystems und der kulturellen Identität. Die demografische Krise soll durch eine „geburtsfördernde Familienpolitik“ bekämpft werden.

Familien sollen weiterhin durch ein steuerliches Familiensplitting unterstützt werden, Kinderfreibeträge sollen steigen. Auch sollen finanzielle Ausgaben für Kinder ab sofort vollständig steuerlich absetzbar sein. Die AfD plant außerdem die Einführung eines Betreuungsgeldes für Eltern von Kindern bis drei Jahren – gestaffelt nach dem durchschnittlichen Nettolohn der Eltern. Die AfD will das Kindergeld beibehalten, aber Möglichkeiten zum Missbrauch der Unterstützung möglichst unterbinden. Der Wiedereinstieg für Eltern nach der Babypause will die AfD vereinfachen: durch eine Lohnsubventionierung, die von der Anzahl der Kinder abhängig ist und an die Arbeitgeber gezahlt werden.

Die AfD setzt außerdem darauf, dass die Hürden für Schwangerschaftsabbrüche erhöht werden, und will die Geschlechtsumwandlung bei Kindern und Jugendlichen gänzlich verbieten.